An den Quellen der Romantik

Debütkonzert – Vladislav Brunner dirigiert das Kammerorchester an der TU Darmstadt

DARMSTADT. Mit einer wieder aufgefundenen Ouvertüre für Streicher von Johann Wilhelm Mangold, der einer großen Darmstädter Musikerfamilie angehörte, beginnt das Konzert des Kammerorchesters an der TU Darmstadt in der sehr gut besuchten Eberstädter Christuskirche. Das kurze, fein gearbeitete Stück erinnert ein wenig an den Stil von Carl Maria von Weber, der ja wie Mangold in Darmstadt zeitweilig Schüler des angesehenen Abbé Vogler war. Vladislav Brunner, der die Leitung des Kammerorchesters im Mai von Andreas Hotz übernommen hat, beweist schon hier seine Fähigkeit, die meist jungen Musiker nicht nur exakt zu führen. Es gelingt ihm zudem, ihnen auch ein ausdrucksvolles und dynamisch ausgewogenes Spiel abzuverlangen.

Diese Gabe zeigt er mehr noch in dem sinfonisch besetzten Harfenkonzert e-Moll op. 182 von dem deutschen Romantiker Carl Reinecke, der seine Nähe zu Schumann hier nicht verleugnet. Bei den Tutti-Stellen lässt Vladislav Brunner den Klang aufblühen, in den begleitenden Passagen nimmt er die Lautstärke zurück, um der Solistin Spielraum zu geben.
Anne-Sophie Bertrand, eine französisch-amerikanische Harfenistin, die dem Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks angehört, gestaltet souverän den anspruchsvollen Solopart. Mit Fingerspitzengefühl setzt sie die thematischen Partien und die grazilen Begleitfiguren von den rauschenden Arpeggien ab, so dass eine enge Wechselwirkung mit dem aufmerksam folgenden Orchester gelingt.
Als Zugabe nach begeistertem Applaus bietet sie das zugleich virtuose und gefühlvolle Stück „La Source“ (Die Quelle) von dem belgischen Harfenisten Alphonse Hasselmans.

Der aus der Slowakei stammende Dirigent Brunner ist bei Antonin Dvoráks „Böhmischer Suite“ gleichsam zu Hause. Mit tänzerischem Schwung treibt er das Orchester an, ohne die Tempi zu überziehen. Gezielt lockt er die Klangfarben im Miteinander von Bläsern und Streichern heraus, immer darauf bedacht, die Klanggruppen im Gleichgewicht zu halten.
Besonders überzeugend gelingen dem Orchester die beiden letzten Sätze, eine elegische Romanze und ein zündender Furiant, der vom Publikum denn auch mit Beifallsstürmen beantwortet wird. Claude Debussys „Clair de lune“ in einem Orchesterarrangement, das den Mondschein etwas grell aufleuchten lässt, beendet als Dreingabe das umjubelte Konzert.

Klaus Trapp