Leidenschaft und starke Rhythmen

CONCIERTO SINFÓNICO

Kammerorchester an der TU Darmstadt überzeugt mit Bandoneonspieler Christian Gerber

DARMSTADT – Wer ausgefallene Programme sucht, ist mit einem Besuch der Konzerte des Kammerorchesters an der TU Darmstadt immer gut bedient. Am Sonntag in der Eberstädter Christuskirche konzentrierte sich das stark angewachsene Ensemble unter der Leitung des Gastdirigenten Andreas Weiss auf das Bandoneon sowie die Sinfonie D-Dur op. 23 des tschechischen Komponisten Jan Václav Voríšek.

Doch zunächst durften sich die Bläser des einst reinen Streichensembles präsentieren. Mit Felix Mendelssohns Ouvertüre für Harmoniemusik op. 23 hatten sie einen Auftakt gewählt, der friedliche und gelöste Stimmung verbreitete.

Pointierte Akzente und stetiger Fluss

Schon hier wurde deutlich, dass Weiss, der seit dieser Saison ständiger Gastdirigent der Philharmonie Baden-Baden ist, den Musikern pointierte Akzente und stetigen Fluss abverlangt, womit die zwölf Bläser und zwei Schlagwerker hervorragend umzugehen wussten.

Jan Václav Voríšek lebte zeitgleich mit Franz Schubert in Wien und war ein großer Bewunderer Beethovens. Seine Sinfonie erinnert tatsächlich an Beethoven, doch fehlt ihr bei allem Einfallsreichtum der kernige Gedanke. So lässt der zweite Satz zu Beginn einen Trauermarsch anklingen, dann wird es tieftraurig und elegisch, später sorgen tiefe Streicher für dramatisches Grummeln. Die beiden Randsätze kommen furios und rasant daher, auch wenn der erste Satz mit zarten Oboentönen erst einmal Harmlosigkeit verbreitet. Das Scherzo trumpft vorantreibend auf. Das Orchester stellte sich den wechselnden Facetten dieses charmanten Werks, in dem das Waldhorn mit einem Solo überraschte.

Umjubelter Star des Abends war Bandoneonspieler Christian Gerber, der mit „Adiós Nonino“ und dem von ihm selbst arrangierten „Concerto para Quinteto“ zwei schmissige Stücke von Astor Piazzolla beisteuerte. Hier hatte das Orchester mit ungewohnten Rhythmen zu tun und investierte, angefeuert von dem virtuos agierenden Solisten, viel Gefühl und Leidenschaft in die Musik. Dem begeisterten Publikum in der hervorragend besuchten Christuskirche machte Gerber mit einer Zugabe eine weitere Freude.

Darmstädter Echo, 21.November 2017, Susanne Döring