Filmmusikkonzert: “The Kid”


Chaplin als Komponist: Einführung

Charles Chaplin (bearbeitet von Timothy Brocks)

The Kid


Freitag, 20. Januar 2023

20:00 Audimax der TU Darmstadt , Karolinenplatz 5
Arndt Heyer, Leitung

in Zusammenarbeit mit dem Studentischen Filmkreis der TU Darmstadt. Beachten Sie, dass in den Gebäuden der TU Darmstadt weiterhin Maskenpflicht besteht!

Samstag, 21. Januar 2023

20:00 Uhr Stadthalle Groß-Umstadt, Am Darmstädter Schloß 6
Arndt Heyer, Leitung

in Zusammenarbeit mit der Stadt Groß-Umstadt

(c) Roy Export Company S.A.S

 

Der Film

Die Stummfilm-Tragikomödie „The Kid“ (1921) – in Deutschland auch bekannt als „Der Vagabund und das Kind“ – war Chaplins erster langer Spielfilm als Regisseur. Neben Charlie Chaplin sind Edna Purviance sowie Jackie Coogan in den Hauptrollen zu sehen.Der Film handelt von einem Tramp, der ein kleines Kind findet und es aufzieht. Durch äußere Umstände gerät die innige Beziehung zwischen den beiden allerdings in Gefahr. Der Film verknüpft Komödie mit Sozialdrama, was zu dieser Zeit fast einmalig war. Im Jahre 1971, ein halbes Jahrhundert nach der Veröffentlichung des Filmes, komponierte der über 80-jährige Chaplin die Filmmusik für „The Kid“  und schnitt einige Szenen heraus, die er als zu sentimental empfand. „The Kid“ zählt noch heute zu Chaplins berühmtesten Werken. Zur Aufführung kommt die Kammerorchesterbearbeitung der Filmmusik arrangiert von Timothy Brock.

Der Komponist

Ausschnitt aus einem Artikel von David Robinson, 1989:

Charles Chaplin konnte sich genau an den Augenblick erinnern, als, wie er sagte, „music entered my soul “. Als kleiner Junge lebte er in Kennington in ärmlichen Verhältnissen. Dort hörte er einige Straßenmusiker, die am Kennington Cross „The Honeysuckle and the Bee“ auf Klarinette und Harmonika spielten. „It was here that I first discovered music, or where I first learned its rare beauty, a beauty that has gladdened and aunted me from that moment.“ Seine heftige Reaktion auf Musik ist eng verknüpft mit seiner Art der komischen Pantomime, die von Anfang an einen starken rhythmischen, ballettartigen Charakter hatte. Musik spielte eine wichtige Rolle bei den Aufführungen der Karno Comedy Sketch Company mit der Chaplin durch die Varietés tingelte, bevor er zum Film kam. Er erinnerte sich, dass Karno komische Kontraste dadurch erzielte, dass er den gröbsten Slapstick mit ausgefeilten Melodien des 18. Jahrhunderts unterlegen ließ. Sobald er sich Instrumente leisten konnte, brachte Chaplin sich selbst Geige und Cello bei und verbrachte Stunden damit, auf dem Klavier und der Orgel zu improvisieren. 1916 veröffentlichte er 3 Lieder aus eigener Feder. Später schrieb und veröffentlichte er Stücke zu THE KID, THE IDLE CLASS und THE GOLD RUSH. In der Stummfilmära war es üblich, Arrangeure zu engagieren, die eine passende Filmbegleitung aus bereits existierender Musik zusammenstellten: diese wurde dann von der Besetzung aufgeführt, die sich das entsprechende Kino leisten konnte. Es gibt Anzeichen dafür, dass sich Chaplin bereits bei den Arbeiten für A WOMAN OF PARIS (1923) intensiv mit den musikalischen Vorbereitungen beschäftigt hat.

Charlie Chaplin über seine Filmmusik

Auszug aus der Biographie von Charles Chaplin (veröffentlicht 1964):

„Eine erfreuliche Sache an der Filmmusik, die ich selber komponierte war, dass ich die Kontrolle über sie hatte. Ich versuchte, elegante und romantische Musik zu komponieren, um meine Komödien in Kontrast zu dem Charakter des Tramp zu setzen, denn die elegante Musik verlieh meinen Komödien eine emotionale Dimension. Die musikalischen Arrangeure haben dies kaum verstanden. Sie wollten, dass die Musik lustig ist. Ich jedoch erklärte, dass ich keinen Wettstreit wollte, ich wollte eine Musik mit Grazie und Charme als Kontrapunkt, um Gefühle auszudrücken, ohne die ein Kunstwerk unvollständig ist. (…)
Nichts ist aufregender und spannender, als die selbst komponierten Klänge zu hören, welche zum ersten Mal von einem fünfzig Mann starken Orchester gespielt werden.“

Charlie Chaplin – Ein musikalischer Werkstattbericht

(Charles Chaplin jr., in: David Robinson, Charlie Chaplin – Sein Leben, seine Kunst, 1993)

“Viele der Musiksitzungen fanden bei Chaplin zu Hause statt, und Charles junior (der Sohn) war ein interessierter Beobachter. Die Musiker, bemerkte er, waren eigentlich musikalische Sekretäre, die nach Chaplins Diktat arbeiteten. Er summte eine Melodie oder spielte sie auf dem Klavier, und die Musiker notierten sie und spielten sie ihm zu seiner Bestätigung vor. Oft waren mehrere Versuche erforderlich, bis die Melodie ihn voll und ganz befriedigte. Er hatte sehr klare Vorstellungen davon, wie die Instrumentierung aussehen sollte, und beschrieb das, was ihm vorschwebte, indem er einen Komponisten oder ein Instrument nannte: ‘Wir sollten dies im Wagnerstil bringen’, sagte er, oder: ‘Die Passage sollte mehr nach Chopin klingen. Dies wollen wir leicht und ätherisch machen – mit viel Geigen. Ich glaube, hier könnte ein Oboeneffekt guttun.’ Oft waren die Musiker von den unorthodoxen Tempi überrascht, die Chaplin für eine bestimmte Passage verlangte, aber (sein) ‘dramatischer Instinkt in Bezug auf Musik war brillant. (…) Die Musiker bekamen graue Haare und waren zum Schluss einem Nervenzusammenbruch nahe, doch soviel sie auch durchmachten, sie konnten bestimmt nicht behaupten, dass die Arbeit mit Dad langweilig gewesen wäre. Bei jeder Zusammenkunft gab er ihnen eine Gratisvorstellung – er summte und sang nicht nur oder hämmerte eine Melodie auf dem Klavier, nein, sein Temperament ging mit ihm durch – er machte das der Musik entsprechende Gebärdenspiel, er spielte die Rollen der einzelnen Darsteller der betreffenden Szenen und karikierte ihre Bewegungen, und so erweckte er in sich selbst den erwünschten klanglichen Widerhall. Im großen und ganzen ähnelte Dads Komödie mehr dem Ballett als irgendeiner anderen Kunstform.’”

 

Weitere Informationen:

https://de.wikipedia.org/wiki/The_Kid_(1921)

https://filmphilharmonic.eu/2019/10/09/the-kid/

 

FLMPHILHARMONIC EDITION
Film mit Genehmigung der Roy Export Company S.A.S
Musik mit Genehmigung von Bourne Music Publishers