Der Komponist schaut um die Ecke

Das Kammerorchester an der Technischen Universität bringt eine gelungene  „Hommage à Mozart“ nach Reinheim und Darmstadt

REINHEIM/DARMSTADT – An diesem Konzert hätte Mozart seine Freude gehabt: formvollendete Musik voller Heiterkeit, Eleganz und Melancholie mit virtuosen Streichern, quirligen Holzbläsern und einem Dirigenten, der die Werke hundertprozentig kennt und umzusetzen weiß. Die  „Hommage à Mozart“, die der junge Gastdirigent Tobias Drewelius für die Konzerte mit dem Kammerorchester an der TU Darmstadt zusammenstellte, begeistert sowohl durch die reizvolle Programmgestaltung als auch den mitreißenden Vortrag in der Reinheimer Dreifaltigkeitskirche und der Eberstädter Christuskirche.

Den Auftakt macht der temperamentvolle Vortrag der Ouvertüre zu der Oper „L‘isle déserte“ des Mannheimer Komponisten und Mozart-Zeitgenossen Franz Beck. Das eindrucksvolle Werk unterstreicht, dass es lohnt, unbekannte Werke aus der Versenkung zu holen und eben nicht nur immer Mozart zu spielen. Dennoch bildet die anschließende Sinfonia Concertante in Es-Dur KV 364 von Wolfgang Amadeus Mozart selbst den Höhepunkt des Abends. Eva Schall an der Sologeige und Assia Weissmann an der Solo-Bratsche geben ein bezauberndes Duo, das besonders in den auskomponierten Solokadenzen und im langsamen Mittelsatz mit warmer Tongebung und dem feinen Aufspüren der Würze und Tiefe dieses Werkes die Zuhörer in seinen Bann schlägt. Nach langem Beifall entlassen die Solistinnen das Publikum mit einem kleinen, feinen Zauberflöten-Potpourri in die Pause.

Dass Mozart gerade französischen Komponisten als Inspirationsquelle diente, demonstriert das Kammerorchester dann mit einem „Allegro giocoso“ von Jacques Ibert (1890 – 1962), das dieser im Jahre 1956 anlässlich des zweihundertsten Geburtstags des Wiener Meisters komponiert und „Hommage à Mozart“ betitelt hatte. Das neoklassizistische Stück, das die Holzbläser mit virtuosen Parts in den Vordergrund rückt, atmet durchweg den humorvollen und anmutigen Geist Mozarts. KIar und lebendig gibt sich die hervorragende Bläserabteilung des Orchesters hier dem sprudelnden, ineinander verschränkten Melodienreichtum hin.

In der Ersten Sinfonie von Charles Gounod (1818 – 1893) sei es die „ungekünstelte, mühelose Selbstverständlichkeit“und die „klassische Form“ die an Mozart erinnere, schreibt der Dirigent des Abends in seinem sehr informativen Programmhefttext. Tatsächlich blitzten hier viele Anlehnungen an den späten Mozart, aber auch an Beethoven und Schubert auf. Das Orchester versteht die Frische und den natürlich daherkommenden Tonfall dieser etwas nostalgisch wirkenden Sinfonie packend und transparent nachzuzeichnen und die vielen motivischen Details fein herauszuarbeiten. Und bei der überraschenden harmonischen Abdriftung in den Schlusstakten schaut kurz der schelmische Mozart um die Ecke.

Darmstädter Echo, 26. November 2019, Stefanie Steinert