Welten des Klangs

SOMMERKONZERT

Das Kammerorchester an der TU Darmstadt glänzt mit kontrastreichem Programm

DARMSTADT/REINHEIM – Wie aus dem Nichts breitet sich die zarte Klangfläche aus und driftet in Mikro-Tonschritten auseinander. Alles wird gleißend und schrill, bis sich eine melodische Phrase herausschält. Immer wieder verdichtet und klärt sich der kosmisch wirkende Klang in Erkki-Sven Tüürs „Insula deserta“ für Streichorchester aus dem Jahr 1989. Nach einem dramatischen Höhepunkt verliert sich alles in der Stille der Eberstädter Christuskirche.

Mit langem Applaus und Bravorufen bezeugt das Publikum, dass das Kammerorchester an der TU Darmstadt dieses raffinierte Werk des 1959 auf der estnischen Insel Hiiumaa geborenen Komponisten Tüür unter dem Dirigat von Arndt Heyer meisterlich umgesetzt hat. Das Orchester, das sich 1981 aus Studenten der Technischen Hochschule Darmstadt bildete, begeistert wieder einmal mit äußerst transparentem Spiel und interessanter Programmzusammenstellung, wenn es die Zuhörer bei seinem Sommerkonzert am Samstag in vier unterschiedliche Klangwelten von vier Komponisten entführt.

Zunächst geht es in die italienische Opernwelt der Vorklassik mit Johann Christian Bachs Sinfonie op.18 Nr.2, die der jüngste Bach-Sohn ursprünglich als Ouvertüre zu seiner Oper „Lucia Silla“ konzipiert hatte. Federnd und präzise bringt das Ensemble mit deutlichen Impulsen Bachs Frische und Lebhaftigkeit zum Ausdruck, die hier sehr an den jungen Mozart erinnert. Im Andante scheint der Oboist eine Opernarie zu singen.

Zyklus aus dem Böhmerwald

Ganz andere Klangfelder in Richtung verträumte Romantik tun sich in zwei Werken für Violoncello und Orchester von Antonín Dvorák auf, für die als Solistin Maja Schwamm vom Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks gewonnen werden konnte. Das Zusammenspiel von Schwamm mit den fein intonierenden Bläsern im Adagio op. 68 aus dem „Böhmerwald-Zyklus“ bietet warmgefärbte, nie ins Sentimentale abdriftende Klangerlebnisse. Im Rondo op. 94 gefällt Schwamm mit agilem Ton, wenn das g-Moll-Thema um sich selbst kreist und das Konzertstück mit virtuosen Eskapaden endet.

Mit homogenem Spiel demonstriert das Orchester schließlich in Saint-Saëns’ Orchestersuite op. 49 dessen klassisches Ebenmaß. Auf der Grundlage von barocken Tanzsätzen schimmert die Klangwelt des französischen Komponisten und entlässt die begeisterten Konzertbesucher wohlig in den Sommerabend.

Darmstädter Echo, 4. Juli 2016, Stefanie Steinert