Die Klassiker kommen fetzig daher

SYMPHONIC JAZZ 

Das Quartett Uwaga und das Kammerorchester der TU glänzen in Reinheim

REINHEIM. Aha: Das Kölner Quartett Uwaga will also erforscht haben, dass Mozart auf seinen vielen Reisen auch im serbischen Ort Leskovac vorbeigeschaut und mit den dortigen Akkordeonspie lern gejammt hat? Herausgekommen sei die Klaviersonate KV 331 mit dem türkischen Marsch, deren Original für zwei Violinen, Akkordeon und Kontrabass geschrieben worden sei. Man stütze sich dabei auf das Zeugnis aus berufenem Munde, Schließlich komme ihr Akkordeonspieler Miroslav Nisic aus Leskovac, so das Quartett am Samstag beim Konzert „Symphonic Jazz II“.

Zusammen mit dem Kammerorchester an der TU Darmstadt gastiert man in der Reinheimer Dreifaltigkeitskirche. Der Marsch steht zwar nicht auf dem Programm, aber die erste Variation. Und dabei wird deutlich, dass nicht nur mit Worten gespasst wird. Quartett und Orchester umspielen Mozarts Ideen kunstvoll und fetzig – wobei besonders Nisic auf dem Akkordeon den Ton mit rasend schnellen Passagen angibt.

Am Tag zuvor hatte Uwaga auf Einladung des Kammerorchesters einen Auftritt in der Darmstädter Viktoria-Schule, um dem Musikunterricht neue Impulse zu geben. Denn beim rhythmischen, gutgelaunten Sound dieses Quartetts bleibt kaum einer ruhig sitzen. Jetzt feiern die Besucher in Reinheirn die Musiker. Denn: Ob Geiger Maurice Maurer ein Prelude von Chopin mit Dschungeltrommelschlägen auf der Geige unterlegt, aus Edward Elgars „Pomp and Circumstance” ein poppig anmutendes Event wird oder die Geige in Bachs Doppelkonzert für zwei Violinen zur E-Gitarre mutiert – die Werke werden auf Zack gebracht.

Wahrhaft sinfonischer Klang und Bigband-Feeling

Dieser Impuls überträgt sich auch auf das Kammerorchester unter Leitung von Arndt Heyer, das, nun durch ständige Blaser verstärkt, wahrhaft sinfonischen Klang entwickelt. Hellwach gehen die Musiker schwere synkopische Rhythmen an, mit fettem Bläsersound kommt Bigband-Feeling auf. Ständig muss das Orchester wechseln zwischen klassischem Klang (so in Mahlers „Adagietto” aus der 5. Sinfonie) und jazzigen Einwürfen, und die Streicher müssen ihre Geige auch mal zur Gitarre umfunktionieren.

Maurice Maurer und Christoph König kennen hier gar keine Grenzen – ihre Geigen schrammeln, singen, klopfen, kratzen, quietschen, unterlegt von Matthias Hackers wohligen Kontrabasslinien und begleitet durch Nisics Akkordeon.

Darmstädter Echo, 14. November 2016, Susanne Döring