Wie fruchtbar die kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen einem leidenschaftlichen jungen Dirigenten und einem ebenso engagierten Amateurensemble verlaufen kann, haben Andreas Hotz und das Darmstädter TU-Kammerorchester in den letzten sechs Jahren bewiesen. Ab kommender Saison wird der dynamische Anfangdreißiger – derzeit noch 1. Kapellmeister am Staatstheater Mainz – neuer Generalmusikdirektor in Osnabrück. Wer Hotz und das 1981 gegründete Orchester jetzt mit ihrem Abschiedsprogramm in der Bensheimer Michaelskirche erlebte, dürfte diesen Weggang lebhaft bedauern.

Ein zweigeteiltes Programm als harmonische Einheit am Vorabend des ersten Advent: Französische Musik für Frauenchor und Orchester im ersten, eine Beethoven-Sinfonie im zweiten Teil bot das Kammerorchester der TU Darmstadt unter dem Motto „Licht und Hoffnung“ in der Johanneskirche.

Erlesen erwählt waren die aufgebotenen Werke: Francis Poulenc schrieb seine „Litanies à la vierge noire“ 1936 nach seiner Bekehrung zum katholischen Glauben. Wie ein Introitus wirkte die kompakte Litanei, die das TU-Kammerorchester gemeinsam mit den 32 Frauen des gut disponierten Chores der Edith-Stein-Schule Darmstadt musizierte. Sphärisch ist die Anrufung des Herrn zu Beginn gehalten. Spannend und mitunter mit Härte die Akkordschläge ausübend, gelang den Musikern der imposante Mittelteil, während am Ende ein meditativer Charakter durchschimmerte.

Am Ende des Konzerts schloss sich der Kreis. Nach der aufwühlend präsentierten Konzertouvertüre „Die Hebriden“ von Felix Mendelssohn bekam das große Publikum noch die eher selten gespielte erste Sinfonie des Komponisten zu hören. Hier entfaltete das Kammerorchester an der TU Darmstadt sein ganzes sinfonisches Können. Und das nicht zuletzt dank seines herausragenden Dirigenten Andreas Hotz: Der Dreißigjährige ist inzwischen zum ersten Kapellmeister am Staatstheater Mainz aufgestiegen. Vehement ist sein Schlag, wobei er das Orchester liebevoll fordert. Ein Glücksfall für dieses Ensemble.

Es klingt nicht wie Haydn, und Hornist Thomas Bernstein vom Frankfurter Opernorchester meint: »Das ist Rosetti.« Die Rede ist vom Konzert für zwei Hörner und Orchester Es-Dur, das Haydn zugeschrieben wird. Auch das Programmheft zum Konzert des Kammerorchesters an der TUD am Samstag in der Johanneskirche unterstützt die Vermutung, dass es sich bei dem Solokonzert um ein Werk Antonio Rosettis, einem Bewunderer Haydns, handelt. Arg glatt und harmlos kommt das Stück daher, das im Mittelpunkt der Aufführung des Kammerorchesters stand. Nun ist bekannt, dass Haydn seinen Solokonzerten weit weniger Aufmerksamkeit widmete als seinen Sinfonien. Die Konzerte waren für ihn eher Gebrauchsmusik.

Als in den 1920er Jahren die ersten Kammerorchester moderner Prägung gegründet wurden, wollte man der allgemeinen Tendenz zu immer größeren Orchestern entgegenwirken. Der Klang sollte wieder transparenter werden, um den einzelnen Instrumentalstimmen mehr Gewicht zu verleihen. So gesehen, wirkt es zunächst widersprüchlich, zwei Kammerorchester zusammenführen zu wollen.

Andererseits können so, wie am Samstagabend in der Eberstädter Christuskirche, spannende Synergien entstehen. Das Kammerorchester der Technischen Universität Darmstadt hat das Zürcher Kammerorchester „ARGETon” zu einem gemeinsamen Konzert eingeladen.

Erst ein Früh- und ein Spätwerk von Robert Schumann, dann im zweiten Teil des opulenten symphonischen Abends mit dem augenzwinkernden Titel „Lebens(k)lang” noch Haydns letzte Sinfonie Nr. 104 – die „Londoner”. In 120 Minuten Programm in der evangelischen Dreifaltigkeitskirche zu Reinheim zeigte das Kammerorchester an der TU Darmstadt beachtliche Leistung und lief zur Hochform auf.

Ursächlich lag das am 28 Jahre alten Dirigenten Andreas Hotz (Erster Kapellmeister am Pfalztheater Kaiserslautern), der das TU-Orchester wunderbar geschmeidig leitete, sowie am verpflichteten exzellenten Violinsolisten Hartmut Schill (Konzertmeister der Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz). Mit diesen ausgewiesenen Experten gelangen sowohl Schumanns „Zwickauer Sinfonie” g-Moll als auch das selten gespielte Schumannsche Violinkonzert d-Moll außergewöhnlich authentisch.

Das Kammerorchester der Technischen Universität Darmstadt (TUD) präsentierte sich in der Stiftskirche als Laienorchester von herausragender Qualität. Das Programm „Kontraste“ beherrschte freilich eine musikalische Stimmung von Traurigkeit und Bedrückung.

Daran änderte auch nichts Poulencs populäres und zum Teil ausgelassenes Konzert für Orgel, Pauke und Streicher, das der Mittelpunkt des Abends war. Joachim Enders, Kantor in Bessungen und Studienleiter am Darmstädter Staatstheater, lieferte als Solist an der Orgel eine hinreißende Interpretation, in der er die Kontraste des Stücks – tiefe Gläubigkeit und fröhliche Kirmesorgelseligkeit – überzeugend miteinander verband.

Mit einem Jubiläumskonzert in der Stiftskirche feiert das Kammerorchester an der TU Darmstadt am Sonntag (1.) sein fünfundzwanzigjähriges Bestehen. Mit dabei sein werden nicht nur die 20 aktiven, sondern auch viele ehemalige Mitglieder des Orchesters. „Angefangen hat damals alles ganz klein“, erinnert sich Stephan Kahlhöfer, der das Kammerorchester 1981 gründete. Zunächst existierte nur ein Streichquartett, das der damalige Wirtschafts-Ingenieur vom Cello aus leitete. Nach und nach formierte sich ein größeres Streicher-Ensemble, das zum Teil als Abspaltung aus dem Hochschul-Orchester hervorging. Später wurde das reine Streichorchester durch kleinere Bläserbesetzungen ergänzt.